Österreichische Verhältnisse

Einen klassisch österreichischen Eiertanz legt gerade der Vorstandschef der Kärntner Landeshypo aufs Parkett: Wolfgang Kulterer wird ja demnächst aus dem Vorstand in den Aufsichtsrat „in Sicherheit befördert“, wie man es hierzulande ja gerne macht. Konkret ging es dabei um einen nicht ordnungsgemäß verbuchten und nicht gemeldeten Verlust von fast 330 Mio. Euro und gerichtliche Vorerhebungen gegen Kulterer wegen des Verdachts der Bilanzfälschung. In einer „normalen“ Firma wäre dem dafür verantwortlichen Boss wohl kein weiterer Berufstag mehr gegönnt und er würde die nächste Zeit in U-Haft verbringen.
Nicht so bei dieser Bank: man befördert Kulterer in den Aufsichtsrat. Damit aber nicht genug – alle Beteiligten finden es tagelang ganz normal, daß Kulterer zwar bald nicht mehr im Vorstand tätig ist, aber bis 2011(!) weiterhin sein Vorstandgehalt von kolportierten 500.000 Euro pro Jahr beziehen will. Erst gestern dürfte es ihm wegen der darauffolgenden Anfeindungen offenbar gedämmert haben, daß es sich dabei möglicherweise um eine menschlich und moralisch nicht wirklich einwandfreie Aktion handeln würde und er kündigte an, bereits ab 2008 auf seine Vorstandsgage zu verzichten. 2007 bekommt er aber noch – wäre ja schade drum. Ausserdem macht sich Kulterer auch Sorgen um seine Vergütung als Aufsichtsrat und bemüht sich lautstark drum, daß ihm auch ja kein Cent zu wenig ausbezahlt wird. Von den 330 Millionen Euro Verlust der Hypo redet er aber nicht mehr, das betrifft ja auch nicht sein persönliches Bankkonto.
Wie tief muß man als Mensch sinken, um solche Packeleien als „normal“ zu empfinden? Wieviele Gehirnzellen müssen fehlen, damit man glaubt, mit solchen Aktionen straffrei davonzukommen? Und schließlich die Kernfrage: wieviele derartig Geisteskranke kann man den österreichischen Steuerzahlern noch vorsetzen, bevor das Vertrauen in dieses Land engültig verschwunden ist?
Update 6.8.2006: der zugehörige Straftatbestand dürfte übrigens „Grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen“ heissen, früher war das grob fahrlässige Krida. Strafbar ist demnach u.a. ein „außergewöhnlich gewagtes Geschäft, Spiel oder Wette“ mit einem Strafrahmen bis zu 2 Jahre bei Schaden über 800.000€ oder der Existenzgefährdung vieler Menschen, was in diesem Fall wohl beides zutreffen würde. Auch „Betrug“ wäre ein möglicher Vorwurf: Strafbar ist demnach, „mit dem Vorsatz, durch das Verhalten des Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, jemanden durch Täuschung über Tatsachen zu einer Handlung Duldung oder Unterlassung verleiten, die diesen oder einen anderen am Vermögen schädigen“. Der Strafrahmen reicht hier von 1 Jahr bis 10 Jahre bei Schaden über 50.000€. Viel Spaß im Knast, Herr Kulterer – es sei ihnen aufgrund der Ereignisse der letzten Wochen herzlich vergönnt. Ich fände es äusserst traurig, wenn Sie mit menschlich und moralisch derart verachtenswerten Aktionen ungestraft davonkommen würden.

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Ernst Michalek
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