Gratis arbeiten

Erste Entwürfe für Großbetriebe sind immer eine heikle Sache. Besonders dann, wenn man gegen mehrere Branchenkollegen antritt – denn leider reißt bei meinen Branchenkollegen die Unsitte ein, keine Vorentwurfshonorare zu verlangen. Manche Kollegen können es sich offenbar leisten, kostenlos zu arbeiten und das wissen natürlich auch die Auftraggeber. Und prompt wurde gestern wieder einmal von einer Großfirma kategorisch abgelehnt, den Vorentwurf für ein Intranet-Redesign zahlen zu wollen. O-Ton: „Das haben wir aber von Anfang an gesagt, dass wir keine Vorentwürfe zahlen und alle anderen Agenturen haben das auch akzeptiert“. Nur – in meinem KV stand das Vorentwurfshonorar drin. Und erst danach wurde ich beauftragt, einen Entwurf zu erstellen. Konnte mir am Telefon auch nicht verkneifen, darauf hinzuweisen, dass der letztlich mit dem Redesign beauftragte Betrieb mit Sicherheit um ein Drittel zuviel kalkuliert hat – denn irgendwer muss seine woanders abgelehnten Entwürfe ja auch zahlen. Ich hab die Gründe gegen kostenlose Vorentwürfe schon vor langer Zeit gut zusammengefasst in einem englischen Text gefunden, den ich dann übersetzt habe und der nach wie vor seine Gültigkeit hat. Aufgewendete Zeit kann man halt nicht zurücknehmen und wieder ins Regal stellen…

Leider habe ich als One-Man-Show weder die Zeit noch das Personal um mir die Klärung auf dem Rechtsweg anzutun, die vermutlich in einem Vergleich enden würde. Und wieder einmal zeigt sich: wer das Geld hat, bestimmt die Regeln. Traurig, aber wahr.

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Ernst Michalek
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2 Gedanken zu „Gratis arbeiten“

  1. ich verstehe beide seiten. umsonst arbeiten macht gar keine freude. genauso wenig freude macht es aber, für ein werk zu löhnen mit dem man nix anfangen kann. sofern die vorentwürfe nicht missbraucht werden um dann selbst damit weiterzubasteln ist ja nichts dagegen einzuwenden dass bei nichtgefallen auch nichtbezahlung erfolgt, oder? bzw dass der lieferant solang nachbessert, bis es gefällt, und dann ist der vorentwurf eben im preis des endprodukts enthalten…

  2. Wenn man alleine beauftragt wird, erstellt man üblicherweise eh mehrere Entwürfe – und der beste Entwurf wird dann weiterentwickelt. Dort verrechnet man dann aber auch kein gesondertes Vorentwurfshonorar.
    Wenn mehrere Agenturen „getestet“ werden sollen, so ergibt sich aber das Problem, daß ich meine aufgewendete Zeit irgendwem verrechnen muss, entweder als Vorentwurfshonorar oder als Aufschlag auf alle kalkulierten Stundensätze, um das abzufedern. Und wie kommen meine zahlenden Kunden dazu, sowas mitzutragen?

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