Aus meiner Inbox:
Ich möchte Sie hiermit ganz herzlich dazu einladen, sich bei Rentaprofi.at ein kostenloses Freelancer-Profil einzurichten. Auf rentaprofi.at können Sie sich für Web-Projekte und Programmieraufträge bewerben, indem Sie ein Angebot dafür auf dem Server eintragen – natürlich ohne Kosten.
Rentaprofi.at ist ein neuer Projektvermittlungs Service entwickelt um professionelle Freelancer mit Auftraggebern in direkten Kontakt zu bringen. Durch unser online Projekt-Auktionssystem ist es Entwicklern, Grafikern und Programmierern möglich Angebote zu von Auftraggebern erstellten Projekten abzugeben.
Natürlich muß sowas getestet werden – klingt ja hervorragend. Doch nach dem Besuch der Website bin ich nicht mehr so ganz vom System überzeugt:
Update 6.9.2005: Herr XXXX [Name auf Anfrage entfernt] von Rentaprofi.at hat den Eintrag gelesen und mir per Mail geantwortet. Details an den betreffenden Stellen des Eintrags!
Nach den Infos, die man auf der Page findet, kann man sich zusammenreimen, daß die Eintragung von Projekten lediglich für die Auftraggeber kostenlos ist. Da die Bezahlung der Aufträge über ein „Safe-Transfer-Konto“ von Rentaprofi.at erfolgt, wird dem Freelancer offenbar eine Vermittlungsgebühr abgezogen. Dafür sprechen jedenfalls einige Passagen in den AGB, die von Unterschlagung und Betrug sprechen, sollte der Freelancer nicht das Transferkonto bei Rentaprofi.at nutzen. Über die genauen Kosten oder Prozentsätze, die abgezogen werden, schweigt man sich auf den ersten Blick beharrlich aus. Erst, wenn man sich durch einige Bildschirmseiten AGB gekämpft hat, findet man einen Hinweis darauf – knackige 15% streift Rentaprofi.at von der Auftragssumme ein. Um diesen Prozentsatz wird aber das Projekt auch für die Auftraggeber teurer, deshalb wurde dieser Passus auch gut in den AGB versteckt.
Also weiter zur Registrierung – nach einigen mühsamen Formularen, die sich im Fehlerfall Eingaben teilweise nicht merken können, findet man sich auf einer Profilseite wieder, auf der endlich der Prozentsatz gut sichtbar zu finden ist.
Die AGB sind auch deshalb erwähnenswert, weil einige Punkte drin zu finden sind, die eine Projektabwicklung ein bissi erschweren. Beispielsweise ist es dem Freelancer vor Abschluß des Projekts verboten(!), mit dem Auftraggeber anders als über die Rentaprofi.at-Page Kontakt aufzunehmen. Selbst telefonieren mit dem Auftraggeber ist verboten! Damit soll offenbar sichergestellt werden, daß die Bezahlung ausschließlich über das Transferkonto erfolgt, damit Rentaprofi nicht um die Vermittlungsprovision umfällt. Nur ist so eine vernünftige Zusammenarbeit mit einem Auftraggeber nahezu nicht zu machen.
Weiterer Punkt in den AGB: die Bezahlung des Projekts durch den Auftraggeber erfolgt bereits vor Projektstart komplett auf das Transferkonto. Nachdem der Auftraggeber die Fertigstellung an Rentaprofi.at gemeldet hat, wird die Kohle abzüglich der 15% an den Freelancer überwiesen. Teilzahlungen und Anzahlungen sind nicht möglich und auch laut den AGB verboten (Zitat: Alle Transaktionen bei Rentaprofi.at werden über ein „Safe-Transfer“-Konto durchgeführt, um die Verfügbarkeit des Geldes zu gewährleisten, wodurch Vorauszahlungen nicht mehr notwendig sind. ). Bei längerdauernden Projekten darf also der Freelancer während der gesamten Laufzeit von der Hand im Mund leben und drauf hoffen, daß der Auftraggeber irgendwann das Projekt als abgeschlossen meldet. Weit an der Realität vorbeigeschossen, leider. Teil- und Vorauszahlungen sind oft nötig, um das eigene Leben nicht via Bank finanzieren zu müssen, besonders bei Großprojekten, die einen Freelancer über mehrere Monate komplett auslasten.
Update 6.9.2005: Kommentar von Rentaprofi.at dazu: Wir befinden uns momentan noch in der Startphase von rentaprofi.at und haben bereits eine Vielzahl von Verbesserungsvorschlägen erhalten. Ihr Hauptkritikpunkt richtete sich soweit ich es erkennen konnte auf die Abwicklung der Transaktionen über das „Safe-Transfer“-Konto, bei dem es im Augenblick nur möglich ist, den gesamten Betrag bei Fertigstellung auf einmal freizugeben. Bei der Entwicklung unserer Software wurde die Möglichkeit mehrmonatiger Projekte nicht in Betracht gezogen, weshalb Funktionen wie „Teilüberweisung“ nicht bzw. noch nicht vorhanden sind. Bei Gelegenheit werden wir uns eine Lösung für die Möglichkeit der Teilauszahlung (z.b. viertel, hälfte) des Betrages einfallen lassen um diesem Problem entgegenzuwirken.
Man befindet sich auch deshalb neben der Realität, weil der Freelancer einen Komplettpreis für das Projekt abgeben muß. Die Angabe von Stundensätzen ist nicht erlaubt! Oft sind aber gröbere nachträgliche Änderungen gewünscht, die zusätzlich kalkuliert werden müssen. Man stelle sich nun vor, der Auftraggeber beharrt auf dem Komplettpreis (den er ja schon überwiesen hat) und gibt das Projekt nicht als fertiggestellt frei. Man kann zwar in diesem Fall die Daten auf dem Testserver belassen und nicht öffentlich freischalten, hat aber bereits jede Menge Arbeit und Zeit investiert. Die man im schlimmsten Fall nie bezahlt bekommt. Für Kleinfirmen kann sowas existenzbedrohend sein.
Update 6.9.2005: Kommentar von Rentaprofi.at dazu: Sie sprechen hier das Problem der unseriösen Auftraggeber an, die es leider gibt und Aufträge verteilen, sich diese aber schlussendlich garnicht leisten können oder wollen. Der große Vorteil, den unser „Safe-Transfer“-Konto hier für den Freelancer bietet ist, dass der ausgemachte Betrag sicher auf diesem Konto zwischengespeichert ist. Dieser Betrag kann nicht durch den Auftraggeber zurückgezogen werden, denn nur der Freelancer selbst kann den Betrag zurückweisen (z.b. falls er zeitlich überbucht ist). Das „Safe-Transfer“-Konto ist eine _Garantie_ für den Freelancer, dass der Auftraggeber auch wirklich über das benötigte Geld verfügt und dieses bereitsteht, schon bevor der Freelancer die erste Zeile Quellcode geschrieben hat. In der normalen Auftragswelt gibt es diese 100 prozentige Sicherheit nicht.
In den AGB wurde diese Sicherheit für den Freelancer explizit formuliert:
3) Der Auftraggeber akzeptiert, umgehend entsprechend der Schiedssprechung mit dem Freelancer und Rentaprofi.at in Kontakt zu treten und im Falle eine „Arbeit abgeschlossen“ Zustimmung abgibt. Sollte der Auftraggeber nicht innerhalb des Zeitlichen Rahmens (2 Werktage) auf die E-Mails oder Anfragen zur Arbeitsfertigstellung antworten, kann Rentaprofi.at als Verwaltungsorgan den im „Safe-Transfer“-Konto für das Projekt vorhergesehenen Betrag für den Freelancer freigeben. Sollte der Auftraggeber nach erhalt des Projektes also einfach abtauchen, kann Rentaprofi.at den Betrag aus dem „Safe-Transfer“-Konto trotzdem an den Freelancer ausbezahlen und das Projekt ist dann abgeschlossen.
Wenn es zu einem Streitfall kommt, weil der Freelancer sich nicht an die Regeln gehalten hat, entscheidet Rentaprofi.at ausserdem laut AGB zugunsten des Auftraggebers und setzt entsprechende Sanktionen. Welche das sind – steht nicht in den AGB.
Update 6.9.2005: Kommentar von Rentaprofi.at dazu: Wir bei rentaprofi.at sind genauso nur Menschen und wir entscheiden nach fairen Kriterien. Der von Ihnen angesprochene Passus ist tatsächlich etwas krass formuliert und unnötig, da alle Regeln zur Schiedssprechung ein paar Zeilen weiter unten aufgelistet sind. Die Stelle wir in den kommenden Tagen aus der AGB gestrichen.
Weiters lesenwert: die Bestimmungen zu Streitfällen in den AGB, in denen Rentaprofi.at als Schiedsgericht festgelegt wird. Aber über diese Bestimmungen möge sich bitte jedermann selbst ein Urteil bilden.
Fazit: gute Idee, die Umsetzung scheitert aber an realitätsfremden Geschäftsbedingungen, die ausschließlich darauf gerichtet sind, daß Rentaprofi.at genügend Kohle verdient, die aber eine kostengünstige und reelle Projektabwicklung nahezu unmöglich machen. Gut gemeint ist halt nach wie vor das Gegenteil von gut.
Update 6.9.2005: Kommentar von Rentaprofi.at dazu: Zu guter Letzt möchte ich noch auf die angesprochene Vermittlungsgebühr eingehen. Wahrscheinlich ist Ihnen zu Beginn bei der Anmeldung aufgefallen, dass für alle Freelancer einen Gewerbeschein verpflichtend für die Teilnahme ist. Diese Regelung wird hoffentlich dazu betragen, dass nicht wie auf anderen Seiten das allseits-beliebte Preisdumping durch Skript-Kiddies oder unseriöse Teilnehmer eintritt und dadurch die Angebote der seriösen Freelancer unter Wert verkauft werden. Rentaprofi.at ist eine Freelancer Plattform, die sich rein durch die erfolgreiche Vermittlung von Aufträgen finanziert. Es gibt keine Teilnahmegebühr oder sonstige Monatsgebühren. Wir verdienen nur etwas, wenn auch unsere Freelancer gut verdienen. Immerhin haben sie dadurch die Möglichkeit, neue Aufträge von Firmen zu erhalten die sie sonst wahrscheinlich nicht bekommen hätten und haben zusätzlich die Sicherheit, dass Sie bei Abschluss des Projekten unverzüglich Ihr Geld erhalten.
6.9.2005 – Mein Kommentar zu den Rentaprofi-Anmerkungen: Die Idee einer Projektdatenbank ist prinzipiell zu begrüssen. Auch die Intention, die ganze Sache auf reellen Preishöhen laufen zu lassen (man vergleiche dazu das Negativbeispiel Jobdoo.de, bei dem es nicht um Qualität geht, sondern wo sich die einzelnen Auftragsbewerber ausschließlich über den Preis matchen dürfen. Und dann etwa Dumpingangebote wie dieses zustandekommen: Logo in drei Varianten plus Briefpapier und Visitenkarten um maximal 150 Euro INKL. MWSt. – das aktuelle Gebot liegt bei 45 Euro!!!!).
Meine Hauptkritik bleibt aber nach wie vor bestehen: ohne den Auftraggeber ausserhalb der Page kontaktieren zu können, ist eine Projektabwicklung nahezu nicht machbar – angefangen von persönlichen Besprechungen, schnellen Rückfragen per Telefon, das Durchmailen von Logos o.ä. bis hin zu Funktionstests oder ähnlichem. Selbst Erstpräsentationen von Entwürfen sind damit eigentlich verboten! Wie soll das funktionieren?
Das Versprechen, eine Teilzahlungsmöglichkeit einzubauen, ist ebenfalls eine gute Idee, allerdings hätte das schon bei der Konzeption der Page jemandem auffallen sollen. Schließlich sind (zumindestens in meinem Arbeitsalltag) die wenigsten Projekte binnen weniger Tage abgewickelt, ausserdem sind grade im Grafikbereich Teilrechnungen durchaus üblich (man denke nur an Vorentwurfshonorare). Derzeit hab ich jedenfalls drei Projekte laufen, die schon seit Ende 2004 in Arbeit sind! Über Rentaprofi.at abgewickelt, hieße das, mein Leben seit 10 Monaten über die Bank finanzieren zu müssen. Auch meine Kunden begrüssen es durchaus, in Teilbeträgen zahlen zu können. Schließlich haben Klein- bis Mittelbetriebe selten die vollen Projektsummen so in der Portokasse, um diese 6 Monate vorher unproduktiv auf ein Konto legen zu können. Um eine entsprechende Menge an Auftraggebern zur Listung zu bewegen, wird es daher sicher nötig sein, ein Projekt auf „Milestones“ aufteilen zu können, die getrennt abgerechnet werden können.
Was ebenfalls nach wie vor offen bleibt, ist die Frage, wie man das Problem der Nachkalkulationen lösen will. Schließlich ist der Wunsch des Auftraggebers nach Zusatzfeatures im Anschluß an die Erstpräsentation nix ungewöhnliches – diese können aber naturgemäß nicht in der ursprünglichen Kalkulation enthalten sein. Mit der Aufteilung eines Projektes in Subprojekte oder Milestones könnte aber auch das Problem gelöst werden.
Weiterer offener Kritikpunkt: ich verstehe, daß jeder von uns leben will. Soll jedemann sein Geld verdienen, dann gehts uns allen gut. Trotz alldem halte ich 15% pauschale Vermittlungsprovision für zu hoch gegriffen, da der Markt in den letzten Jahren immer dichter geworden ist. Wer heute im realen Leben einen Kostenvoranschlag abgibt, der um 15% über dem des Mitbewerbs liegt, muß schon sehr gut argumentieren, um den Auftrag an Land zu ziehen. Und natürlich wissen auch die Auftraggeber auf Rentaprofi.at, daß jegliche Dienstleistungen hier um 15% teurer als am freien Markt sind (bzw. sein müssen). Bei kleinen Projekten werden 100 Euro auf oder ab egal sein – bei Großprojekten wird sichs ein Auftraggeber überlegen, ob er 1000 oder 2000 Euro mehr zahlt, als wenn er sich selber um einen Dienstleister umsieht (das wären immerhin auch zwei Wochen Urlaub!). Möglicherweise sollte man überlegen, den Prozentsatz zu staffeln oder die Summe nach oben hin zu deckeln. Sonst gibts auf absehbare Zeit nur Pipifax-Projekte auf Rentaprofi.at – und alles größere wandert ab oder wird direkt vergeben.
Ich werde jedenfalls die Entwicklung der Plattform Rentaprofi.at weiter verfolgen und gegebenenfalls neu drüber berichten. Wie gesagt: von der Idee her OK, an der Umsetzung haperts noch etwas.
Update 1.11.2006: offenbar sind die angeführten Kritikpunkte nicht nur mir aufgefallen. Nach nur wenigen Projekten, die überhaupt in die Datenbank eingetragen wurden, hat sich Rentaprofi.at nach nur wenigen Monaten wieder vom Markt verabschiedet. Die Domain ist seit einiger Zeit wieder frei zu haben.
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