In meiner Heimatstadt Wien existieren erwiesenermaßen seltsame Dinge. Eines davon ist die Wiener U-Bahn, deren Namenskürzel ja daher rührt, daß dieses Verkehrsmittel auf unterirdischen Gleisanlagen spazierenfährt. Zumindest in anderen Städten ist das so. Aber nicht hierzulande: in Wien fährt die U-Bahn auf weiten Strecken auf unglaublich hässlichen Brücken auf Stelzen in 15 Metern Höhe durch die Stadt, da der Bau von U-Bahn-Tunnels teurer sein dürfte als die Errichtung von Brückenkonstruktionen. Bei der Errichtung dieser Brücken ist den zuständigen Architekten nix heilig. So reisst man gerne einmal ein paar Einfamilienhäuser ab, weil diese im Weg stehen. Oder man baut den Bewohnern von riesigen Wohnhausanlagen einfach die (sowieso nur dürftige) Aussicht aus den Fenstern endgültig zu. Und interessanterweise werden U-Bahn-Trassen „in Hochlage“, wie die grausamen Bauwerke im Amtsdeutsch genannt werden, nur abseits der teureren Wohngegenden dieser Stadt gebaut. Gut zu beobachten ist das etwa auf der Wagramer Strasse: stadtauswärts kurz vor der im Volksmund als nicht besonders hübsch geltenden Wohnhausanlage am Rennbahnweg steigt die U1 in Hochlage auf. Auch schon egal, schiacher wirds dort eh nimmer, dachte sich wohl der zuständige Planer. Denn die Entscheidungsträger werden wohl kaum sowas vorm Balkon stehen haben. Offizielle Begründung für die Brückenmonster wird wohl sein, dass an diesen Stellen ein Tunnelbau viel zu teuer käme. Inoffiziell stellt man wohl nur dem vermeintlichen Pöbel diese Dinger vor die Nase – die Streckenauswahl auch der zukünftig zu bauenden Strecken spricht jedenfalls für diese These. Und – nein, vor meinem Fenster steht keine U-Bahn-Brücke.
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nicht zu vergessen: ein charakteristikum dieser stadt ist auch, dass ihre bewohner wohl die in der welt größte übung im sudern haben. selbst über ihre moderne architektur und ihr effizientes öffi-netz vermögen sie trefflich zu jammern wo andere einfach still stolz drauf wären.. :)
inwiefern die streckenauswahl den „pöbel“ benachteiligt konnte ich jetzt dem link nicht entnehmen. ich denke der großteil des betroffenen pöbels wird sich freuen sich jetzt rascher an der erhabenen architektur der begüterten bezirke erbauen zu können.
kritisieren könnte man an der streckenführung allemal dass „der mensch nicht verbinden soll, was gott durch einen fluss getrennt hat“ :P
lg
Martin
Ich denke, die Freude der Bewohner etwa an der Langobardenstrasse an der U-Bahn wird sich in Grenzen halten: ehemals relativ teure Wohnungen in den Genossenschaftsbauten gegenüber dem SMZ Ost haben nun als Aussicht die herrlich hässlichen U-Bahn-Brücken. Etliche Einfamilienhäuser mussten dort der U-Bahn weichen. Eine Gärtnerei ebenfalls.
Und die neuen Trassen etwa der U6-Verlängerung nach Norden werden ab der Gerasdorferstrasse stadtauswärts ebenfalls in Hochlage geführt: scheint so, als würde in dieser Gegend keiner der Planer wohnen. SCHÖNE moderne Architektur schaut jedenfalls anders aus.
Ich hab sie gestern zufällig gesehen, die halbfertigen Brücken an der Langobardenstraße. Und hab Ähnliches gedacht wie das, was du hier schreibst. Ich würd sowas jedenfalls sicher nicht vor dem Fenster haben wollen.
Dass der alte Transdanubien-Feind das anders sieht, war natürlich klar. ;]
dass keiner über einen bau vor der nase erfreut ist (egal ob modern oder ästhetisch oder nicht) ist klar. wenn’s dich trifft ist das eben pech, egal ob hohe ubahn oder niedrige strasse. ich sehe aber keine spezifische pöbel-benachteiligung. und wenn die bauten bei der langobardenstrasse bisher teuer, fein und begehrt waren – umso weniger. irgendeinen weg musste die bahn ja nehmen.
die frage warum ubahn heute überirdisch gebaut wird wäre mal generell interessant, wie auch ob das weiterhin so bleiben wird. ich vermute mal: ganz klar eine geldfrage. möglicherweise war auch ein untertunneln von riesenbauten ala rennbahnweg auf losem grund statisch nciht möglich. woswasi.
nachtrag: zum schaden einiger weniger (unmittelbarer anrainer) – zur freude vieler anderer angebundener.