Deutsche Kurzdomains: Grabbing? NIIIEEMALS ;-)

Seit Freitag darf man in Deutschland auch ein- und zweistellige Domainnamen sowie Domainnamen, die nur aus Ziffern bestehen, registrieren (bisher war die Mindestlänge 3 Zeichen, Domainnamen ausschließlich aus Ziffern waren überhaupt nicht erlaubt, egal in welcher Länge). Wie zu erwarten war, sind bereits alle ein- und zweistelligen Buchstabendomains vergeben. Es ist eine Liste aufgetaucht, in der angeblich die Inhaber all dieser Domains zusammengestellt sind (was sich als unrichtig herausgestellt hat).

Beim ersten Blick auf diese Liste dachte ich: „Wer bitte ist Thomas Mueller?“, der bei immerhin 193 der 702 gelisteten Domains dabeisteht und damit weit öfter vorkommt als andere Namen in dieser Liste. Etwas Recherche bei denic.de hat dann gezeigt, dass es sich bei den in der Liste angeführten Personen, also auch bei Thomas Mueller „nur“ um die technischen Ansprechpartner der Domains handelt, in seinem Fall in Form der Firma Tec Media Service. Seltsam jedoch: wenn man einige der dieser Firma zugeordneten Domaineinträge durchgeht (etwa tu.de, to.de, tq.de, ei.de, zn.de), so zeigt sich, dass die eingetragenen Besitzer jeweils Firmen mit derselben Adresse in 33755 Clearwater in den USA sind. Nur der Firmenname unterscheidet sich jeweils zur Domain passend (so gehört tu.de einer „TU Trumpets United Manufacturers Corp“, die Domain ei.de der „EI Experience India Travel Agency Corporation“ und to.de ging an die „TO Travel Organization Corporation“, ebenfalls mit derselben Firmenadresse). Und jede Wette, an dieser Adresse wohnen auch noch eine Menge andere Firmen, die eine zweistellige Domain bekommen haben.
Müsste ein großes Firmengebäude sein, dass in Clearwater in 625 Keene RD N steht, das Platz für so viele Firmen bietet, die alle in Deutschland geschäftlich zu tun haben und daher dort eine Domain brauchen. Es könnte natürlich auch schlichtes Domaingrabbing mit anschließender Versteigerung an den Meistbietenden sein. Da es sich bei der angegebenen Adresse aber offenbar um ein 85-Quadratmeter-Appartment im Wert von grade mal 75.000 US$ handelt, spricht viel für diese Theorie. But – who knows…

Auch sonst dürfte bei der Vergabe der Kurz-Domains nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sein. Das Webwork-Magazin spricht von „Lug und Betrug bei der Domainvergabe“ und auf focus.de gibts ebenfalls Hintergründe zur diesmal mehr als seltsamen Vergabepraxis zu lesen. Es wurden nämlich auch schon vorab Domainnamen einfach von der öffentlichen Vergabe ausgeschlossen und gesperrt, teils auf Betreiben der denic selbst, teils aufgrund von markenrechtlichen Verfügungen. Dominik Muellers Artikel zum Thema hatte die passende Überschrift: „28% of one- & two-letter .DE domains grabbed by one company“.

Würde mich nicht wundern, wenn die denic da noch nachträglich Erklärungen abgeben wird müssen, warum die Vergabe derart stümperhaft und intransparent organisiert wurde. Sieht alles danach aus, als hätten sich da einige Wenige fett die Taschen füllen können.

Ernst Michalek
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8 Gedanken zu „Deutsche Kurzdomains: Grabbing? NIIIEEMALS ;-)“

  1. Die Frage warum Thomas Mueller der Firma Tec Media Service so viele Domains ergattern konnte, ist eigentlich wenig kriminell und bereits auf vielen Plattformen erläutert.

    Sedo hat eine Vielzahl an Denic Zugängen von Mitgliedern gebündelt um für die höchst bietenden die Domains zu registrieren.

    Die Denic Mitglieder/Partner sind aber „geheim“ … warscheinlich damit sie es auch bleiben, wurden die Domains alle auf die gleiche neutrale Person/Firma registriert und erst anschließend an ihre zukünftigen Besitzer übertragen.

  2. Mal sehen – wenn das alles soooo legal abgelaufen ist, warum braucht man dann als neutrale Person oder Firma eine Briefkastenadresse in den USA? Warum dann das Theater mit dutzenden Firmennamen? Jede Wette, dass die Domains erst jetzt nach und nach unter den Hammer kommen.

  3. Laut Aussage der „Denic Mitglieder“ lag das Problem wohl in der technischen Zustellung der Anfragen an den „Denic Mailserver“ (Stichwort: erhaltenes TCP-FIN, aber nicht beendete Connection beim DENIC-Mailserver)

    Die Folge:
    Anschließenden Connections wurden abgelehnt, da angeblich noch eine Verbindung aktiv war. Dieser Fehler trat sehr häufig auf, so dass die Queue überfüllt wurde und neue Aufträge nicht abgearbeitet wurden.

    Wer also vorab seine „SMTP-Stacks“ optimiert hätte der konnte mit einem größeren Erfolg, bei der Zuteilung, rechnen!

    Fraglich ist jedoch ob „Denic Mitglieder“ gegen das Verfahren „Widerspruch“ einlegen werden da einige, mit „Rang-Plätzen“, bei der Registrierung, erheblicher Fixumsatz erzeugt haben.

    Für gute Positionen (1 – 8) wurden teilweise Umsätze in Höhe von € 2.000 fällig, unabhängig vom Erfolg…..

  4. http://blog.dynamicdrive.de/2009-23-10/einfuhrung-neuer-de-domains-christoph-gruneberg-sichert-sich-mit-konzertierter-aktion-193-der-700-besten-domains

    Einführung neuer .de- Domains: Christoph Grüneberg sichert sich mit konzertierter Aktion 193 der 700 besten Domains

    geschrieben am 23. Oktober 2009 von Olaf Kerner

    Heute ist der Domainer- Tag des Jahres 2009: Ab 09:00 Uhr war es möglich, z.B. ein/zwei- stellige .de- Domains und reine Ziffern- .de- Domains zu registrieren.

    Weil der Andrang groß zu werden versprach, hat die DENIC (welche .de verwaltet) folgendes Verfahren angesetzt: Jedes der ca. 270 DENIC- Mitglieder konnte ab 09:00 Uhr pro Minute 4 Domainregistrierungs- Versuche an die DENIC übergeben. Wer zuerst kam, mahlte zuerst.

    Und so haben viele der DENIC- Mitglieder wie die Bekloppten ab 09:00 Uhr versucht, zuerst die wertvollsten Domains zu registrieren. Das führte bei der hohen Anzahl der Mitglieder nur selten zum Erfolg.

    Völlig an die Wand gespielt hat DENIC- Mitglied Christoph Grüneberg (bzw. dessen Firma) die meisten der Einzelkämpfer: Er hatte im Vorfeld mit gerüchteweise 20 DENIC- Mitgliedern Absprachen getroffen bzw. deren Registrierungszugänge aufgekauft. Dann hat er ab 09:00 Uhr mit Hilfe der ca. 20 Zugänge systematisch REG- Requests für alle interessanten Domains gestellt, natürlich pro Domain nur ein einziges mal. Immerhin 193 der interessantesten 700 Domains konnte er auf diese Weise registrieren.

    Fraglich ist, ob diese Vergabe der Domains an einen eingeschränkten Kundenkreis kartellrechtlich sauber war. Darüber werden die Gerichte entscheiden.

  5. @Meister: Es ist nicht die Tatsache seltsam, DASS einer die Domains kauft. Sondern die Tatsache, dass die Vergabe nicht wirklich mit rechten Dingen zugegangen sein dürfte. Aber offenbar haben Sie meinen Artikel gar nicht gelesen, sonst wüssten sie das schon.

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