Das Wissenschaftsministerium hat die Kosten für das E-Voting bei der ÖH-Wahl bekanntgegeben. Zur Erinnerung: das E-Voting ist eine Möglichkeit, auf elektronischem Wege seine Stimme bei einer Wahl abzugeben, etwa via Internet. Bei der Wahl zu Österreichischen Hochschülerschaft (die Interessensvertretung der Studenten) wurde so ein System zum Einsatz gebracht. Laut einem Bericht der futurezone hat die Aktion genau 871.655 Euro gekostet. Es waren 59.241 Personen wahlberechtigt, davon gaben genau 2.161 ihre Stimme via E-Voting ab. Eine Stimme kostete den österreichischen Steuerzahler somit etwas über 403 Euro. Die Studiengebühren je Semester sind billiger…
Die Kostenaufstellung ist ebenfalls sehr interessant: die verwendete Software kostete 66.000 Euro, die Zertifizierung dieser Software durch A-SIT fast genauso viel, nämlich knapp 55.000 Euro. An die Studierenden wurden Kartenlesegeräte gratis ausgegeben, die kosteten knapp 105.000 Euro, also etwa 48 Euro pro Stimmabgabe. Die Bewerbung des E-Voting mittels Zeitungsannoncen und Verteilaktionen schlug mit 245.000 Euro ein fettes Loch in die Kasse. Meinungsforschung zum Thema E-Voting wurde um 47.800 Euro betrieben, zwei „Meinungsbilder zum Thema E-Voting“ wurden mit etwas über 26.000 Euro honoriert. Die Evaluierung des Projekts ist mit 50.000 Euro budgetiert: „Die Evaluierung will das Ministerium nach Fertigstellung auf seiner Website publizieren, ein Termin dafür stehe noch nicht fest“ – wenns fertig is, isses fertig, alleine diese Einstellung zur Arbeit zeigt, wie man im Ministerium fleißig ist. Könnte ich mir so bei meinen Kunden nicht leisten.
Das E-Voting bei der ÖH-Wahl ist ein Musterbeispiel, wie hierzulande Geld aus dem Fenster geschaufelt wird. Wäre interessant zu erfahren, auf welchem Wege die beteiligten Unternehmen an die Aufträge gekommen sind: Chipkartenleser etwa kriegt man selbst als Endverbraucher beim Bin-doch-nicht-blöd-Markt um denselben Preis, es verwundert also, dass ein Ministerium bei mehr als 2000 bestellten Kartenlesern keinen besseren Preis bekommt. Und – was genau passiert bei der „Evaluierung“ um 50.000 Euro? Wer weiß, was ein „Meinungsbild“ um 26.000 Euro können sollte? Warum kostet die Zertifizierung nahezu gleich viel wie die Software? Wen muss man schmieren, um solche Aufträge überhaupt zu kriegen?
Ich komme immer mehr zum Schluss, in der falschen Branche zu sein: für Produkte wird wesentlich weniger bezahlt als fürs gscheit reden rundherum. Wundert euch also nicht, mich eines Tages in der Consultingbranche wieder zu finden :-)
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