Derzeit wird ein neues ORF-Gesetz ausgearbeitet, für das bereits eine Menge an Organisationen und Interessensvertretungen ihre Wünsche angemeldet haben. Am frechsten ist jedoch der Antrag der GIS, der teils recht penetrant auftretenden Inkassotruppe des Staatsrundfunks. Laut einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes aus dem Jahr 2008 braucht derzeit jemand, der den ORF technisch nicht empfangen kann, auch kein Programmentgelt zu bezahlen. Die GIS befürchtet dadurch empfindliche Gebührenrückgänge und will das laut einem Standard-Bericht ändern:
Wir schlagen daher vor, diese Gesetzeslücke zu schließen, indem etwa die Verpflichtung zur Entrichtung des Programmentgelts nicht an die tatsächliche Möglichkeit des Konsums der Programme des ORF, sondern vielmehr an die Versorgung des Standortes des Rundfunkteilnehmers mit den Programmen des ORF geknüpft wird.
Analog dazu könnte ich jeder Firma in meinem Wohnbezirk eine Rechnung senden – ob eine Firma tatsächlich von mir eine Website bekommen hat, ist dabei unerheblich. Immerhin liegen alle in meinem Einzugsbereich, wären also dazu in der Lage gewesen.
Oder alle Männer zahlen ab sofort Alimente, egal ob sie selbst ein Kind gezeugt haben oder nicht. Denn die Voraussetzungen dazu haben doch wohl alle.
Alle Menschen im Einzugsbereich eines Lokals mit Lieferservice kriegen einmal monatlich einen Erlagschein über zehn Menüs. Schließlich hätten sie sich ja welche bestellen können.
Noch viele Beispiele mehr lassen sich erdenken, denn ein interessantes Geschäftsmodell ist es zweifellos: kassieren, egal ob jemand die eigene (im Fall ORF: nicht einmal besonders gute) Dienstleistung in Anspruch nimmt oder nicht. Das hätt ma wohl alle gern. Der Unverschämtheit dieses Ansinnens entsprechend gingen im Standard-Forum die Wogen hoch: 575 Kommentare prasselten innerhalb eines Tages auf dem Server ein. Gehts noch, GIS??? Kriegen dann eigentlich alle Haushalte in Europa und Nordafrika einen Erlagschein? Schließlich kann man überall dort via Astra den ORF empfangen. Bin schon neugierig, wann ich die erste GIS-Haustürzecke irgendwo in Tunesien von Tür zu Tür gehen sehe.
So spielts das nicht. Schmink dir das ab, GIS. Und wenn dieser Vorschlag wirklich durchgeht, so schließ ich mich der mit Sicherheit folgenden Sammelklage gern an.
- Rezension vs. Rezession - Mi. 27.12.2023
- Was Corona und Lotto gemeinsam haben - Di. 9.11.2021
- Heute vor 20 Jahren hat das große Abenteuer Segeln für mich begonnen :-) - Mi. 28.4.2021