Wildwest im Weinviertel

Was man im Wilden Westen wohl mit Pferdedieben gemacht hat, wird bei der österreichischen Polizei langsam auch zur schlechten Gewohnheit: auf flüchtende Räuber und Diebe wird geschossen. Nicht etwa, dass der böse Mann, der gesten im Weinviertel von einem Polizisten vom Motorrad geballert wurde, jemanden getötet hätte – er hat ein MOTORRAD GESTOHLEN! Sowas muss natürlich sofort mit der Hinrichtung durch einen Jungpolizisten geahndet werden.

Die Serie an erschossenen Motorrad- und Radfahrern begann im Jahr 2000, als einer meiner früheren Lehrer durch eine Kiebererkugel von seiner BMW geholt wurde und noch an der Unfallstelle verstarb. Der Polizist wurde damals zu 6 Monaten bedingter Haft verurteilt, der damals von ihm verfolgte Räuber ging für 10 Jahre einsitzen. Im April 2004 wurde einem Flüchtigen nachgeschossen, doch anstatt der Reifen traf man ihn in die Schulter. Im Oktober 2006 geriet ein Radfahrer in einen Schusswechsel zwischen Polizei und einem Räuber (wieder einmal) und wurde schwer verletzt. Und erst im April 2008 wurde auch ein Verdächtiger im Auto erschossen. Das sind aber nur die Fälle, die mir persönlich im Gedächtnis haften geblieben sind; die Liste ist weit länger und liest sich stellenweise wie das Drehbuch zu „Kottan ermittelt“

Wieder einmal wird bei den Ermittlungen herausgefunden werden, daß alles doch nur eine „tragische Verkettung unglücklicher Umstände“ gewesen wäre. Wieder einmal wird der Polizist nahezu straffrei aus der Sache aussteigen (das Bewusstsein, einen Menschen getötet zu haben, kann ihm keiner abnehmen). Und auch in Zukunft wird auf flüchtende Verdächtige geschossen werden, egal was diese angestellt haben. Solange es kaum Konsequenzen hat, einen Verkehrsteilnehmer zu erschiessen, ist es nur eine Frage der Zeit, bis der nächste Motorradfahrer im Strassenkrieg fällt. Denn die Lernfähigkeit unserer Exekutive ist auch bei der Gefährdung von sich selbst und anderen Verkehrsteilnehmern im Zuge von Verkehrskontrollen nicht merkbar (siehe meine Artikel Zwei Tote bei Verkehrskontrolle und Gedenklauf der Polizei, schon älter aber immer noch aktuell).

Ernst Michalek
Folgen:

Schreibe einen Kommentar