Ein Musik-Steckerl aus schwesterlicher Richtung kam geflogen. Und wenn es schon um Musik geht, kann ich mich nicht zurückhalten. Thema: Welcher Song aus welcher Zeit ist untrennbar mit welchen Eurer Kindheitserinnerungen verbunden? – das EGM-Brainstorming dazu, in loser und nicht zusammenhängender Reihenfolge:
— Eine kleine Wohnung im 10. Bezirk, 5. Stock ohne Lift. Wirklich klein, 34 m², aber hell und gemütlich, bewohnt von meinen Eltern, meiner Urgroßmutter und mir, frischgeschlüpft. Im Kasten ein eingebauter Plattenspieler, auf dem meine Mutter den ganzen Tag Musik auflegt, mir Zwerg erzählt, wer denn das nun singt und wovon er singt. Obwohl wir dort nur wohnten, bis ich etwa 3 Jahre alt war, erinnere ich mich noch deutlich dran, daß die erste Single, die ich identifizieren und beim Titel nennen konnte, „Mexico“ von den Les Humphries Singers gewesen sein muß. Was ebenfalls ständig lief: die Orchesterversion von Mozart No. 40 von Waldo de los Rios. Beides bringt mich gedanklich ins Vorkindergarten-Alter zurück, mit allen Gerüchen, Gedanken und Gefühlen.
— Was heute das Luftgitarrespielen ist, war in meiner Kindheit zwar noch ohne zugkräftigen Namen, aber wir haben diese Performance noch aufgefettet durch das Luftschlagzeug. Mit diesen tollen, leicht zu spielenden Instrumenten begleiteten wir (das heisst, der Sohn unseres Nachbarn und ich) im nachbarlichen Wohnzimmer das Intro zu „Irgendwann“ von Rainhard Fendrich. Dutzende Male. Bis die Nachbarin uns rausgeschmissen hat, weil die dort installierte Stereoanlage für meinen damaligen Geschmack durchaus Power hatte. Und wir sie offenbar damit furchtbar genervt haben.
— Meine Mutter, eine Gitarre und ein Lied. Ich weiß eigentlich nicht, ob meine Mutter sonst auch noch welche auf der Gitarre kann, sie spielte und sang jedenfalls öfter von Esther Ofarim den Song „Kinderspiele“ (wobei ich genau weiß, daß mein Schwesterlein beim Lesen des Textes einen Knödel im Hals kriegen wird – btw: Schwester, schau mal in deinen Download-Ordner ;-). Was ich allerdings bisher nicht wusste: daß der Text dieses Liedes eigentlich von Heinrich Heine geschrieben wurde.
— Mein Vater hat in unserem Garten eine Gartenhütte aufgestellt, die nur für uns Kinder war – das legendäre „Kinderhaus“, das mir in den Sommerferien zwischen 1978 und 1982 die meistgenutzte Schlafstätte war, gemeinsam mit Freunden (die zu einem Gutteil wohl auch deshalb stets zu Besuch waren und mich gut leiden konnten, weil ich die Haushoheit über diesen Abenteuertraum für Kinder hatte – so etwas hatten die anderen nicht einmal ansatzweise zu bieten). Wir hatten gemeinsam das Obergeschoß der Hütte mit Matratzen und Decken ausstaffiert, um dort gemütlich nächtigen zu können (und: ja, die Hütte hatte tatsächlich ein Obergeschoß!). Mein Vater hat uns dann aus einem alten Auto die Batterie geschenkt, wodurch eine grobmotorisch verlegte und eigentlich katastrophal gepfuschte, aber immerhin funktionstüchtige Lichtinstallation ermöglicht wurde. Und der Betrieb eines Autoradios, im Gehäuse eines alten Holzradios eingebaut. Abends am Wochenende wurde damit die Hitparade gehört. Und so bringen einige der damals aktuellen Titel noch heute den Geruch der alten Matratzen, das Knarren des Holzbodens und die Gänsehaut beim Anblick der massig vorhandenen Spinnen zurück. Das alles bei Titeln, die heute grossteils keine Sau mehr kennt, geschweige denn mitsummen könnte: „Love will tear us apart“ von Chuzpe etwa. „Hello Man“ von den Cosmetics. „Louise“ von Jona Lewie. „Amicalement vôtre“ von Lio. „Matador“ von Garland Jeffreys. „Video Life“ von Bilgeri. Stars on 45. Einige Titel von Shakin´ Stevens, der zu dieser Zeit seinen Karrierehöhepunkt hatte. Joe Dolce mit „If you want to be happy“ und „Shadapp your face“. „Nerves“ von der Jacky Shay Band (die Original-Titelmelodie aus der TV-Serie „Der ganz normale Wahnsinn“ mit Towje Kleiner). Und natürlich „Strada del Sole“ von Rainhard Fendrich.
Das Kinderhaus ist meine Kindheit gewesen. Irgendwie hat sich das Leben als Kind um diese Hütte gedreht, und mit dem Zeitpunkt, da daß Kinderhaus ungenutzt blieb, bin ich langsam aber sicher in die Welt der Erwachsenen eingetaucht (die ich anfangs unglaublich gehasst habe). Noch heute gibt es Tage, da wünsche ich mich in die einfache Welt des Kinderhauses zurück, wieder in den Sommer 1980, als mich noch kein Finanzamt gekümmert hat, keine Kreditraten zu zahlen waren und nix fürs Wochenende einzukaufen. Wichtig war nur, vor dem Wochenende die Autobatterie unter Aufbietung aller verfügbaren Kraft über die Leiter runterzuwuchten und rund ums Haus in die Garage zu tragen, um sie am Abend aufgeladen zur Verfügung zu haben. Damit die Musik aus dem Holzradio nicht womöglich mitten in der Nacht verstummt. Und das Licht nicht ausgeht, denn ohne Licht wars im Kinderhaus ganz schön gruselig.
Letztes Jahr hat mein Schwager das Kinderhaus endgültig abgerissen. Immerhin hat es fast 30 Jahre überstanden, aber letztlich war es doch bereits zu baufällig geworden, um für die nächste Kindergeneration zum Spielen bereit zu sein. Aber ich werde vielleicht wieder eines bauen, groß genug für meinen Sohn (und mich, um vielleicht ein wenig meiner Kindheit zurückzuholen).
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Jaja, du kennst mich halt… :) *knödelschluck*
To be continued? :)
Jepp, aber das ist einmal ein Anfang :-)
Jöö, da freu ich mich schon!
Mei, soo liab :))
Hey, schau mal, was ich grad voller Freude ausgegraben hab. :) Da drin steht was von einem Bauvorhaben! ^^