Es war einmal, in der Servicewüste…

Es war einmal, vor langer, langer Zeit eine Firma namens XXXXX. Diese Firma war etwas besonderes, denn wenn man ein Gerät dieser Firma besaß, das nicht mehr funktionierte, brachte man es in ein Servicecenter in Brunn am Gebirge. Dort nahm ein freundlicher Techniker das Gerät in Empfang und hörte sich geduldig an, was denn das Problem mit dem Gerät wäre. Das Gerät wurde binnen weniger Tage direkt in diesem Servicecenter repariert. Wenn man das Gerät ganz dringend wieder brauchte, konnte man gegen geringe Aufzahlung auch eine Reparatur innerhalb eines Tages haben – jaja, Kinder, das klingt unglaublich, war aber wirklich einmal so. Und viele Kunden kauften sich ein XXXXX-Gerät genau in diesem Wissen – wenn es Probleme damit gäbe, wäre die Reparatur ein Klacks.
Eines Tages erschien dem Österreich-Chef von XXXXX ein großer Guru. Dieser versprach dem Chef noch mehr Gold und Geschmeide, wenn er den Rat des Gurus einholen würde. Der Chef ließ sich vom Buzzword-Gewitter des Gurus blenden und erteilte dem Guru den Auftrag, die Firma nach noch mehr Profit abzuklopfen. Der Guru tat wie ihm geheissen und kam zum Schluß, daß die Kunden von XXXXX weit zufriedener aussahen als die Kunden des Mitbewerbs. Er fragte einen dieser Kunden und dieser sagte: „Eure Geräte sind nicht besser als anderswo, aber das Service macht den Unterschied„. Der Guru rechnete nach und präsentierte dem Chef folgendes Ergebnis: „Die Geräte des Mitbewerbs werden auch gekauft, auch ohne großartiges Service. Wenn Du das Service nicht mehr hier in Österreich machen lässt, sondern die Geräte nach Deutschland schickst, dann sparst Du die Gehälter aller Techniker in Österreich ein – und die Deutschen haben das Handling der Geräte am Hals. Sollen die sich doch was einfallen lassen. Klingt doch gut, zumal Du damit gegenüber Deiner Konzernleitung eine Gehaltserhöhung für Dich selbst herausschlagen kannst, wenn Du schon so viel Geld sparst.
Der Chef folgte dem Rat des Gurus, hauptsächlich aber deshalb, weil der Rat Unsummen an Geld gekostet hatte. Und das hätte er wohl kaum gegenüber der Konzernspitze verantworten können, hätte er einen Guru beauftragt, ohne dessen Rat dann auch zu befolgen. Und so kommt es, daß nunmehr Geräte nicht mehr binnen eines Tages repariert werden können, weil in Brunn kein Techniker mehr sitzt, der dazu in der Lage wäre. Und daß Geräte nun den langen, beschwerlichen Weg nach Deutschland antreten, wodurch die Reparaturzeit schon bei optimalem Verlauf mindestens eine Woche beträgt. Und daß ehemalige XXXXX-Kunden (wie ich) nun woanders kaufen, weil die letzte Argumentation für einen XXXXX nun auch nichts mehr zählt, zumal gerade jetzt auch im persönlichen Umfeld drei Geräte schon länger nicht den Weg vom Service wieder heim gefunden haben. Und verwundert den Kopf schütteln, daß es eine ehemals serviceorientierte Marke geschafft hat, durch so ein Servicechaos in die Schlagzeilen zu geraten.
(Diese Geschichte ist natürlich frei erfunden und hat nix, aber auch garnix mit real existierenden Firmen zu tun. Aber es könnte ja immerhin so gewesen sein…)

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Ernst Michalek
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