Wetten, daß etwas nicht stimmt?

Wenn man aufmerksam durch Wien fährt, fallen die vielen leerstehenden Geschäftslokale auf, die einst von Kleinbetrieben und Nahversorgern gemietet waren. Stellvertretend für viele andere Grätzel seien hier der Genochplatz und die Floridsdorfer Hauptstrasse genannt. In die leerstehenden Lokale ziehen dann oftmals Wettcafés und Automatencasinos ein.
Ich frage mich schon länger, was zuerst kommt: das Wettcafé/Automatencasino oder die Unmengen an Gesindel, das sich im Umkreis von derartigen Lokalen herumtreibt. Zieht das Wettcafé ursächlich dort ein, wo bereits Mengen an bierbefahnten, ungepflegten, grauslichen Suffköpfen herumlungern? Erscheinen diese Gestalten erst, nachdem das Wettcafé/Automatencasino eröffnet? Sind diese Gestalten überhaupt Kunden oder warten sie nur, ob einer der Besucher beim Rausgehen Geld verliert? Ich habs dann beobachtet – viele der Leute, die etwa am Genochplatz das Wettcafé frequentieren, sehen tatsächlich so aus. Damit stellt sich eine weitere Frage: hatten die schon vorm regelmäßigen Besuch des Wettcafés diese Optik oder sackt man erst ab, wenn man dort regelmäßig hingeht? Mir kommt vor, daß durch so ein Lokal und die davon angelockten seltsamen Menschen ein Grätzel endgültig zum Problemgebiet wird.
Seit neuestem hat nun der Beschiß mit Wetten eine neue Dimension erreicht – die Zielgruppe wird nun auch per TV umworben. Statt nächtlicher Fernsehserien gibts nun in den Österreich-Kanälen von Sat1, Pro7 und Kabel1 das Wettstudio, um noch mehr Leuten das Geld aus der Tasche ziehen zu können. Ich kenn aber niemanden, der durch Wetten reich geworden wäre – ausser offensichtlich die Betreiber der Wettlokale. Die Kriegskassen der Betreiber dürften wirklich prall gefüllt sein, denn die gemieteten Objekte werden sauteuer renoviert, mit modernster Technik eingerichtet und üppig mit Leuchtreklamen dekoriert. Wett- und Spielsucht der Österreicher werfen also jede Menge Kleingeld ab. Ob es allerdings moralisch vertretbar ist, sich daran einen goldenen Arsch zu verdienen, steht auf einem anderen Blatt. Ich finds traurig und armselig.
Es stellt sich auch die Frage, woher denn die Kunden der Lokale das Geld zum Verspielen oder Verwetten nehmen, wenn nach olfaktorischer Analyse bereits jede Menge des Gehalts für Bier und Zigaretten draufgegangen sein dürfte und die Optik nicht darauf schließen lässt, daß man es unbedingt mit einem top-verdienenden Generaldirektor zu tun hat? Ich trau mich jedenfalls nimmer, abends am Genochplatz umringt von zwielichtigen Gestalten am Bankomat Geld zu beheben.
Fazit: erst wenn der letzte Greissler durch ein Automatencasino ersetzt wurde, werden wir merken, daß man die Früchte auf den Rädern der einarmigen Banditen nicht essen kann.
Update 22.11.2007: mittlerweile ermittelt die Justiz gegen den Automatengiganten Novomatic, weil der Verdacht besteht, daß einige der Automaten nicht wirklich den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen. Details dazu hier.

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Ernst Michalek
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1 Gedanke zu „Wetten, daß etwas nicht stimmt?“

  1. In unserer mehr und mehr auf Vergnügen und Gefühlskälte ausgerichteten Gesellschaft bleibt dir nur eins: Cool bleiben und auch mal wetten gehen. :/

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